Ausgewählt

Auf der Suche nach der vermissten Sissi ist mir Graziella im Tierheim Hürth begegnet. Sie saß ganz oben in dem überfüllten Katzengehege und beobachtete mich. Ich versuchte vergeblich irgendwo in dem Gewusel von unzähligen Katzen meine kleine schwarze Sissi zu entdecken. Und plötzlich stand Graziella unten direkt vor mir. Sie nahm die mitgebrachten Leckerlis ganz selbstverständlich an. Ich war sofort von dieser bezaubernden Schönheit hingerissen. Das Tierheim versprach auf meine Anfrage, dass ich Graziella haben könne, wenn Sissi nicht zurückkommt. Und wirklich, nach drei Monaten durfte ich Graziella abholen.

Angekommen

Graziella hat mich ausgewählt und ich habe mich sofort in diese Schönheit verliebt. Die Eingewöhnung ging relativ schnell. Nach der Ankunft hat sich Graziella erstmal unter dem Regal verkrochen. Aber bereits am nächsten Tag bezog sie ihren Platz auf meinem Schreibtisch. Hier putzt sich ausgiebig. Von da an ist sie nicht mehr von meiner Seite gewichen. So nach und nach entdeckt sie ihr neues Heim. Nicht alles gefällt ihr: Staubsauger, Mixer, Plastiktüten, Klingel findet sie schrecklich und flüchtet. Auch vor fremdenMenschen fürchtet sie sich.

Geheimnisvoller Garten

Es wird Frühling und Graziella entdeckt den Garten. Ganz, ganz vorsichtig. Erst mal schauen, sie traut sich nicht weiter.
Vermutlich hat sie in ihrem früheren Leben in einer Wohnung gelebt. Im Tierheim wusste man nur, dass sie in Hürth auf der Strasse gefunden wurde.

Alles fremd

Scheu und nervös verbirgt sich Grazella im Garten unter den Pflanzen. Jedes Geräusch schreckt sie auf. Knattert im Nachbargarten der Rasenmäher, kreischen Kinder im Planschbecken nebenan, bellt ein Hund jenseits der Mauer, telefoniert ein Nachbar lautstark hinter der Garage. Sie muss lernen, woher der Lärm kommt und was er für sie bedeutet.

Bleib mir weg!

Graziella mag keine anderen Katzen und vertreibt jeden noch so freundlich gemeinten Besuch aufs Energischste. Dabei kann sie gefährlich laut fauchen und bedrohlich knurren. Meist genügt das, um Nachbarkatzen fern zu halten. Will das ein Kater nicht verstehen, haut sie auch blitzschnell mit ihren spitzen Krallen zu.

Das Drama

Eines Tages war Graziella verschwunden. Der Futternapf blieb leer, alles Rufen und Suchen half nichts, die Katze war weg. Nach Tagen fand ich Graziella im Keller versteckt. Fauchend und beißend weigert sie sich, rauszukommen. Das Ärzteteam von der Mobilen Tierarztpraxis schafft es, sie rauszuholen, zu untersuchen, Schmerzmittel zu spritzen und in die Transportbox zu setzen. Nach dieser Notfallversorgung kann ich Graziella in die Tierklinik bringen.

Geschoren

In der Tierklinik stellt man schlimme Bisswunden fest, die sich bereits stark entzündet haben. Für die Operation und anschließende Behandlung muss das lange Fell der Maine-Coon geschoren werden. Die vorher so üppige Katze wirkt ohne ihre lange Mähne ganz schmächtig. Das nachwachsende Fell wird nie mehr so prächtig wie vor der Rasur und verfilzt seither schnell, was leider weitere Rasuren zur Folge hat.

Schreibtisch

Graziellas Lieblingsplatz ist mein Schreibtisch, genau wie bei Max und Sissi. Ganz gleich, ob ich bei der Arbeit Musik höre, telefoniere oder am Mac arbeite, die Katze liegt entspannt neben mir. Wir genießen es beide.

Manchmal brauche ich ein Manuskript oder eine Skizze, auf der die Katze liegt. Dann gewährt sie gnädig den Zugriff, erhebt sich, wenn es sein muss. Habe ich die Papiere geordnet, kehrt wieder Ruhe ein.

Verborgen unter der Gartenbank

Ein anderer Lieblingsplatz, von fast allen meinen Katzen, ist unter der Bank. Von hier aus lässt sich der ganze Gartenbereich unauffällig beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. So ein Dach über dem Kopf gibt Sicherheit und der Fluchtweg ist nach allen Seiten offen. Das Schattenspiel ist für mich ein reizvolles Fotomotiv.

Frei und geborgen

Graziella ist anhänglich und gerne in meiner Nähe. Wenn ich heimkomme möchte sie auf den Arm genommen werden, innige Begrüßung und Kuscheln. Danach braucht sie den Freigang und möchte sich wieder draußen aufhalten.

Winterfest

Mit dem üppigen Allwetterfell ist Graziella gut für kalte Wintertage und sogar Schnee ausgestattet. Nach ihrer Kontrollrunde durch den Garten, wenn die Pfoten kalt werden, kommt sie gerne wieder rein. Dann schaut sie dem Schneeflockentreiben weiter interessiert von innen zu. Bis etwas Spannendes ihre Aufmerksamkeit erregt und sie dringend wieder raus muss.

Lass mich rein

Wenn die Terrassentüre zu ist und Graziella rein möchte, kann sie sehr energisch werden. Aufgerichtet, stehend auf den Hinterbeinen, trommelt sie mit den Vorderpfoten lautstark gegen die Scheibe. Das macht sie so lange, bis ich öffne. Diese Methode wendet sie auch bei anderen Wünschen an. Hat sie Hunger oder das Futter schmeckt nicht, trommelt sie gegen die Scheibe vom Vitrinenschrank. Sind Gäste da oder ich telefoniere, trommelt sie manchmal auch, damit ich mich mit ihr beschäftige.

Beobachtungen am Gartenteich

Fasziniert beobachtet Graziella das pralle Leben im Teich. Unter Wasser tummeln sich die Goldfische. Die Schildkröten klettern aus dem Wasser, um sich zu sonnen. Im März legen die Kröten ihren Laich ab. Später kann sie die Kaulquappen heranwachsen sehen. Wasserläufer und kleine Insekten bewegen sich auf der Oberfläche. Libellen, Hummeln und Bienen besuchen die Blüten in der Randbepflanzung.

Meditieren auf der Gartenbank

Wesentlich ruhiger als am Teich ist es auf der Bank unter dem Apfelbaum. Graziella liebt diesen Platz und ist hier zu jeder Jahreszeit zu finden. Über ihr zwitschern die Vögel, der Wind raschelt durch die Blätter. Zur Blütezeit schwärmen die Bienen, ab August fällt gelegentlich ein Apfel mit Plop herunter. Vom schattigen Platz aus hat Graziella den Überblick zu ihrem ganzen Gartenreich.

Zufluchtsort

Blitzt und donnert es, tobt plötzlich ein Unwetter, fegt ein Sturm krachend durch den Garten, flüchtet Graziella ins Gewächshaus. Dort steht die Türe immer einen Spalt weit offen. Zwischen dem Kaminholz, den Töpfen, Körben und Gartengeräten kann sich Graziella gut verstecken. Hier, an diesem Zufluchtsort, fühlt sie sich sicher.

Mäusefang

Wo findet die Katze die Maus. Bei den vielen Katzen, die hier leben, müssten die Mäuse eigentlich schon ausgestorben sein. Anfangs, als ich hierher zog, gab es noch Mäuse im Garten. Die stibitzten keck das Katzenfutter. Schleppten die Bröckchen im Rückwärtsgang unter den Blumenkübel, um dann, unerreichbar für jede Katze, in Ruhe zu futtern.

Krallenpflege

Erst mal ein Kratzbrett für die Krallen. Wenn die Katze sich nicht mehr auf Naturboden und Bäumen bewegt, wachsen die Krallen ungehindert. Das ist für die Mieze unangenehm. Graziella beginnt auch bald nach dem Umzug ihre Krallen an den Polstermöbeln und Teppichen abzuarbeiten. Verständlich, aber nicht gut für die Einrichtung. Nachdem sie das Kratzbrett annimmt - zum Kratzen und sogar als Sitz oder Liege - wird für jedes Zimmer ein Kratzbrett angeschafft. Die Krallen werden zusätzlich bei den regelmäßigen Tierarztbesuchen geschnitten.

Wohnungskatze

Nachdem der Umzugsstress überstanden ist, kommt nun der gemütliche Teil. Einrichten und Bilder aufhängen. Das gefällt Graziella, da sitzt sie mittendrin und bewobachtet das hin- und her. Sie fühlt sich gleich wohl in der neuen Umgebung. Es gibt genügend Verstecke für sie, Fensterbank und Balkon bieten Ausblick.Es sieht aus, als akzeptiert sie ihr Leben als Wohnungskatze.

Spielzeugmaus

Zur Unterhaltung von der Mieze wird nun Katzenspielzeug angeschafft. Mäuschen, die sich selbst bewegen, findet sie toll. Die werden gejagt und belauert wie echte Mäuse. Zum Spielen mit Bällchen ist sie nur für kuze Zeit zu gewinnen. Aber Lichtreflexe oder Laserpointer können sie zu sportlichen Höchstleistungen verführen. Den Lichtpunkt jagt sie, bis ihr die Zunge aus dem Mäulchen hängt.

Aussicht bei Nacht

Nachtaktiv, wie Katzen nun mal sind, gewöhnt sich Graziella schnell an ihre neue Umgebung. Gespannt beobachtet sie die vorbeifahrenden Lichter auf den Schiffen. Sie lauscht den unterschidlichen Klängen der Motoren, dem Dröhnen, wenn ein Zug über die nahe Brücke fährt. Auch wenn alles ruhig ist, gurgelt und plätschert der Fluss.

Fitnessprogramm

Um auf das Vordach zu kommen, muss sich Graziella unter dem Geländer durchquetschen. Eine Katze weiß, da wo der Kopf durchpasst, lässt sich auch der Rest durchzwängen. Jetzt, nach der Sommer-Schur mit halbem Volumen macht das kleine Fitnessprogramm  keine Mühe. Sie bekommt das sehr elegant hin.

Die ganze Freiheit

Das Vordach vor dem Balkon ist nun Graziellas ganze Freiheit. Hier kann sie von der Dachrinne aus dem Treiben unten zuschauen, die Nase in den Wind halten und das Wetter spüren. Manchmal ziehen Möven mit einer schwungvollen Flugspirale dicht an ihr vorbei. Oder eine Taube macht eine kurze Rast und flattert erschrocken weiter.

Balkonien

Der neue Lieblingsplatz ist der Balkontisch. Von hier aus hat Graziella den besten Überblick, nach innen und nach außen in die Ferne. Für Schiffe interessiert sie sich nicht besonders. Nur wenn im Sommer die lauten Jet-Skis vorbeibrettern, zieht sie einen Ortswechsel nach innen vor.

Der Birkenstamm

Das Angebot für Abwechslung auf dem Balkon stieß auf wenig Interesse. Der Birkenstamm wurde ignoriert. Freiwillig klettert Graziella nicht drauf. Zum Besteigen locken lässt sie sich mit einer Katzenangel, an der Federn zappeln. Richtig interessant wird die Kletterpartie erst, wenn sie in der Rinde versteckte Katzenlekkerlis finden kann.

Neues Modell

Für die Sommersaison auf dem Balkon gibt es ein zweites Katzenklo mit Einstieg von oben. Ein tolles praktisches Modell, kein Katzenstreu wird drumherum verstreut, die Katze ist ungestört. Leider mag Graziella den Deckel nicht. Vielleicht fühlt sie sich eingesperrt. Ohne Deckel benutzt sie die hohe Kiste aber gerne, mit Einstieg über den Blumenkübel.

Grünzeug

Frisches Katzengras und Katzenminze braucht die Wohnungskatze, so hört man. Graziellas Begeisterung dafür hält sich in Grenzen. Auf dem Weg zum abgestandenen Wasser in der Gießkanne, knabbert sie beiläufig ein paar frische Halme. Kaum schießt das Gras in die Höhe, ist es uninteressant für sie und vertrocknet. Die Minze ist ergiebiger, blüht schön, erfreut die Bienen und kommt jedes Jahr wieder.

Frühstück um Acht

Graziella schläft nicht bei mir im Bett. Aber wenn sie Frühstück möchte und ich nicht freiwillig aufstehe, kommt sie zu mir - ins Bett. Das Morgen-Magazin kann ich dann vergessen. Sie turnt und spielt so lange vor dem Fernseher rum, bis ich mich ihrem Wunsch füge.

Immer dabei

Graziella ist immer in meiner Nähe. Klar, in der Küche fällt schon mal was für sie ab - nicht ganz zufällig. Aber auch im Büro, wenn ich stundenlang am Mac sitze, liegt sie direkt hinter mir und döst. Mit dem älter werden, Graziella ist inzwischen schon elf Jahre alt, werden die Schlafzeiten immer länger.

Es ist was los

Frühjahrsputz? Große Aufräumaktion? Bücherschrank neu sortieren? Sachen ausmisten? Bilder umhängen? Winterkleider gegen Sommerkleider tauschen? Schuhschrank aufräumen? Alles herrliche Arbeiten, bei denen die Katze liebend gerne dabei ist. Da sitzt sie mittendrin oder obendrauf. Es ist ein Spiel mit vertrauten Gegenständen, die bewegt werden.

Meditation

Mich kann so ein tropfender Wasserhahn ganz schön nervös machen. Ganz anders Graziella. Sie kann ewig den fallenden Tröpfchen zuschauen. Nicht, weil sie trinken will, nein, ganz gespannt und konzentriert. Manchmal schläft sie auch dabei ein.

Einweihen

Das Unterhaltungsprogramm in einer Wohnung ist beschränkt. Aber passiert mal etwas, gibt es eine Veränderung, wird das ausgiebig gefeiert und eingeweiht. Stundenlang kann Graziella sich mit dem neuen Teppich amüsieren: beschnuppern, kratzen, bespringen, hin- und herrollen. Und zum Schluss wird drauf geschlafen.

Versteck

Graziella liebt es, sich zu verstecken. Dabei ist sie sehr erfinderisch und wählt immer wieder ein neues Plätzchen, das ich noch nicht kenne. Hier sitzt sie zum Beispiel auf Augenhöhe in der Küche und ich habe sie trotzdem die längste Zeit nicht bemerkt. Ganz besonders schwierig wird es, wenn die Transportbox bereit steht. Für sie Katzenalarmstufe eins. Den Tierarztbesuch musste ich schon absagen, weil ich sie auch nach einer Stunde Suche nicht gefunden habe.

Schwaches Herz

Leider werden die Tierarztbesuche im letzten Jahr immer häufiger. Graziella hat eine extrem hohe Schilddrüsenüberfunktion. Ein schwaches Herz und Verdauungsprobleme machen ihr außerdem zu schaffen. Das Verabreichen der Medikamente wird zum täglichen Geduldsspiel. Sie wird immer dünner, frisst viel und wird doch nie satt.

Katzenhimmel

Im März ist der traurige Tag da, das kleine Herz schafft es nicht mehr. Graziella geht in den Katzenhimmel. Nach 13 gemeinsamen Jahren fällt mir das Loslassen von dieser liebevollen, zauberhaften Katze sehr schwer.